Sojaanbau, Abholzung & Klimawandel – Wie unser Fleischkonsum zu Fluchtursachen beiträgt
Wie wir uns ernähren, welche Konsumentscheidungen wir treffen und wie viel Wert wir auf regionale und saisonale Produkte legen, hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen für uns selbst, sondern auch auf Menschen in anderen Ländern. So landet beispielsweise mehr als die Hälfte der weltweiten Getreideernte in den Futtertrögen von Rindern, Schweinen und Geflügel und wird nicht unmittelbar für die menschliche Ernährung verwendet. 1) Vebu: Welthunger und die Rolle des Fleischkonsums; zuletzt aufgerufen am 06.08.2019
Auch unser Kaufverhalten entscheidet mit darüber, ob Anbauflächen im globalen Süden dazu genutzt werden, Futtermittel für die Tiermast zu produzieren. Das Hauptfuttermittel Soja wird in Deutschland bzw. Europa kaum angebaut, weshalb es in großen Mengen importiert werden muss. Die wichtigsten Anbauländer sind Brasilien und Argentinien, wo die Nachfrage nach Soja zu großen landwirtschaftlichen Veränderungen führt. Unser Fleischkonsum hängt daher unmittelbar mit der Abholzung von tropischem Regenwald für den Anbau von Futtermitteln zusammen. So fragt sich auch der WWF in der Studie „Fleisch frisst Land“ aus dem Jahre 2014: „Wie viel Soja essen wir mit, wenn wir Hähnchen- oder Schweinefleisch zubereiten?“ Ein riesiger Anteil des nach Deutschland importierten Sojas (in Form von Sojabohnen, -mehl oder –öl) wandert in die Tiermast; hier vor allem in die Geflügel- und Schweinezucht. Deutschland liegt mit einem Fleischkonsum von durchschnittlich 88 Kilogramm pro Person im Jahr deutlich über dem EU-Durchschnitt von 82 Kilogramm; unser Fleischkonsum hat sich seit 1850 zudem vervierfacht. Unser Bedarf an Fleisch wirkt sich direkt auf die Landnutzung in anderen Ländern aus, in denen Anbauflächen für Soja genutzt werden. Eine ansteigende Nachfrage nach Fleisch lässt auch den Bedarf an Anbauflächen für Futtermittel steigen, was zur weiteren Abholzung von Regenwald führt. Ein bewussterer Umgang mit dem Konsum von Fleisch ist daher sowohl aus umwelttechnischen als zusätzlich auch aus gesundheitlichen Gründen enorm wichtig.
Wie wirkt sich nun unser Fleischkonsum auf das globale Klima aus und was hat das wiederum damit zu tun, dass Menschen sich gezwungen sehen, aus ihren Heimatländern zu flüchten?Zunächst einmal ist es wichtig, zu verstehen, dass jeder Einzelne mit seinem Fleischkonsum sozusagen für eine bestimmte Fläche, die zur Produktion dieses Fleisches benötigt wird, verantwortlich ist. In den Ländern, aus denen Futtermittel nach Deutschland importiert werden, stellt der Anbau und Export von Soja einen sehr wichtigen Wirtschaftszweig dar. Die enorme Nachfrage nach Soja trägt mit dazu bei, dass die Landwirtschafts- und Ernährungssituation in diesen Ländern in einem kritischen Zustand sind. Der massive Anbau von Soja in Monokulturen und die damit verbundene Rodung von Regenwäldern stellen zunächst einmal eine Gefahr für die Menschen in den betroffenen Gebieten dar, da ihnen z.B. Flächen für den Anbau eigener Lebensmittel genommen werden. Die Ernten in diesen Regionen dienen nicht der Ernährung der dortigen Bevölkerung, sondern werden ins Ausland exportiert, um dort in der Tierzucht verfüttert zu werden. Es ist wichtig, sich hierbei vor Augen zu halten, dass unser Fleischkonsum also nicht nur Flächen in Deutschland in Anspruch nimmt, sondern darüber hinaus auch im Ausland große Mengen an Land beansprucht.
Landwirtschaft und Klimawandel sind eng miteinander vernetzt. Die Nutztierhaltung nimmt einen großen Teil der verfügbaren Landfläche in Anspruch und verbraucht zudem enorm viel Frischwasser. Der sogenannte Tierproduktionssektor hat signifikante Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Er wird sogar von der FAO als einer der Top 3 Verursacher der größten Umweltprobleme bezeichnet – und das sowohl lokal als auch global. Weiterhin problematisch sind die in der Haltung von Wiederkäuern und der damit verbundenen Gülleproduktion entstehenden umweltschädlichen Gase, vor allem Methan (CH4 ) und Lachgas (N2O), die zum Abbau der Ozonschicht beitragen. So stammten in Deutschland im Jahre 2017 ca. 60 Prozent der gesamten Methan-Emissionen und ca. 80 Prozent der Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft. Besonders die Haltung von Wiederkäuern wie Rindern leistet also einen nicht unerheblichen Beitrag zu einem erhöhten Ausstoß an klimaschädlichen Gasen, die verheerende Auswirkungen auf unsere Umwelt haben. Studien ergaben, dass Methan 21-mal klimawirksamer ist als Kohlendioxid.2) Martin Schlatzer: Tierproduktion und Klimawandel; 2. überarbeitete Auflage 2011 3) Umweltbundesamt: Umweltmaßnahmen im Agrarbereich; Artikel vom 04.03.2019 4) Greenpeace: Welche Treibhausgase verursachen den Klimawandel? – CO2 & Co.; zuletzt aufgerufen am 06.08.2019
Die Abholzung von Regenwald zugunsten des Anbaus von Futtermitteln hat weitreichende Folgen für das Klima, da in der Biomasse des Regenwalds enorm viel Kohlendioxid gebunden wird. Je weniger Regenwald es gibt, desto mehr Kohlendioxid kann in die Atmosphäre gelangen und so den Klimawandel verschärfen. Die Folgen des Klimawandels sind weitreichend, besonders für die Menschen in den Ländern des südlichen Afrikas, in Mittel- und Südamerika sowie in Asien. Extreme Wetterlagen wie Überschwemmungen, Sturmfluten oder anhaltende Dürreperioden nehmen zu. Allein im Jahre 2016 wurden mehr als 30 Millionen Menschen durch solch extremes Klima dazu gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen. Extreme Wetterlagen zerstören sowohl die Heimat dieser Menschen als auch ihre Lebensgrundlage, die oftmals in der Landwirtschaft oder der Fischerei besteht. 5) Brot für die Welt: Fluchtursache Klimawandel – Vor dem Klima auf der Flucht; zuletzt aufgerufen am 06.08.2019
Natürlich ist der Klimawandel nicht allein ein Grund dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen. Oftmals wirkt er zusammen mit anderen Faktoren, wie bspw. dem fehlenden Zugang zu Bildung oder Land und verstärkt diese noch. Es ist auch klar, dass nicht allein unser Konsumverhalten und unsere Ernährungsgewohnheiten zum Klimawandel beitragen. Dennoch sollte uns bewusst sein, dass z.B. auch unser Fleischkonsum über Landesgrenzen hinaus gedacht und auf globaler Ebene betrachtet werden muss. Ein bewussterer Umgang mit dem Nahrungsmittel Fleisch kann einen Beitrag dazu leisten, wichtige Lebensräume wie den Regenwald zu schützen. So rät der WWF beispielsweise dazu, Fleisch aus ökologischer Viehwirtschaft zu kaufen, das die Umwelt so wenig wie möglich belastet.
Viele Faktoren leisten einen Beitrag zum Klimawandel, der wiederum mit dazu führt, dass Menschen, die ohnehin oftmals schon in Armut leben, ihre Lebensgrundlage genommen wird und sie ihre Heimat verlassen müssen. So trägt auch unser Ernährungsverhalten mit dazu bei, dass wichtige Lebensräume wie der Regenwald zugunsten des Anbaus von Futtermitteln verschwinden und weniger Kohlendioxid kompensieren können. Zusammen mit den in der Tiermast verursachten klimaschädlichen Gasen trägt dies zu einem weiteren Abbau der Ozonschicht bei, was wiederum zu extremen Wetterereignissen führt, die, gemeinsam mit anderen Faktoren, Menschen zur Flucht zwingen. Es ist also wichtig, dass jeder Einzelne sich bewusst macht, dass unsere Kaufentscheidungen nicht nur Auswirkungen auf uns selbst, sondern auch auf Landschaften und Menschen außerhalb der Grenzen Deutschlands und Europas haben.
Fußnoten und Quellen:
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