Afrika: Veraltete Sitten zwingen junge Frauen zur Flucht
Afrika hat die höchste Rate an moderner Sklaverei auf der Welt. Die Staaten erhalten nicht genügend Hilfsmittel, um dieser entgegenzuwirken. Sklaverei ist ein Thema, womit sich die wenigsten im auf dem Kontinent beschäftigen, weil es die Randgruppen der Bevölkerung betrifft, wie Minderheiten, Frauen und Kinder. 1)QuartzAfrica: Africa is now the world’s epicenter of modern-day slavery; 23.07.2018
Ms. Diana Ofwona, Direktorin der UN-Women für West- und Zentralafrika ist der Meinung, dass die Frauen in ländlichen Gebieten viele Probleme haben, die sie zur Flucht zwingen. Als Beispiele führt sie die hohe Gewalt gegen Frauen und Mädchen auf, HIV, Kinderheirat und kulturelle Barrieren auf. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) veröffentlichte in einem Bericht 2016, dass die Hälfte aller Menschen auf der Flucht weiblich ist. Unter den Fluchtgründen zählt mittlerweile auch die geschlechtsspezifische Verfolgung. Die Verweigerung von Rechten aufgrund des Geschlechts gewinnt immer mehr an Bedeutung. Wie Ms. Ofwona bereits zuvor erwähnte, werden auch hier Diskriminierung, Unterdrückung, Kriege und kulturelle Faktoren als Fluchtgrund aufgelistet. 2)UN Women Africa: Empower Women and Girls in Rural Areas to Achieve the SDGs and Africa’s Agenda 2063; 13.03.2018 3)Heinrich Boll Stiftung:Frauen und Flucht: Vulnerabilität – Empowerment – Teilhabe; März 2018
In Afrika werden noch viele alte Traditionen praktiziert, die Frauen und Kindern daran hindern, ein menschengerechtes Leben zu führen. Auf diesem Kontinent gibt es zahlreiche indigene Völker, daher variieren auch die Bräuche. Zu diesen Bräuchen gehört die sogenannte Trokosi Tradition. Die bekannteste Gegenerin dieses Brauches ist gleichzeitig ein Opfer gewesen, das mehr Beachtung bekommen sollte: Brigitte Sossou Perenyi wurde mit 7 Jahren unter einem Vorwand zu ihrem Onkel gelockt, der sie zu einem Schrein in Togo brachte. Dort blieb sie auch, bis sie von einem amerikanischen Nachrichtenteam entdeckt und befreit wurde. Damals fragte man sie, ob sie wüsste weshalb sie hier war, was sie verneinte. Andere Kinder haben sich ebenfalls erschüttert gefühlt, als sie befragt worden sind. Als man ihnen bewusst machen wollte, dass ihre Zukunft nicht mehr in ihren Händen liegt. Ein Angestellter des Schreins äußerte sich, dass ihr Onkel Ehebruch begangen hat und sie jetzt den Göttern dienen muss, damit ihre und seine Familie von Unheil verschont bleiben. 4)Pulse: How girls are donated to shrines as sex slaves in Ghana; 16.05.2018
In den ländlichen Dörfern um Accra, der Hauptstadt von Ghana, besteht noch die Trokosi Tradition. Zudem findet man sie in Benin und Togo. Minderjährige Mädchen und Frauen allen Alters werden an Tempeln geopfert, um für die Sünden eines Familienmitglieds zu bezahlen. Manchmal leben sie in den Tempeln nur für einige Jahre, manche leben ihr ganzes Leben dort. Selten werden sie freigelassen und eher durch Menschenrechtsgruppen befreit. Frauen und Mädchen wird der Namen genommen und ihre Vergangenheit. Es wird geglaubt, dass die Männer in der Familie das Recht besitzen, wen sie schicken, wenn ein sittliches oder sexuelles Verbrechen begangen wurde. Ein Trokosi zu sein, ist eine Ehre, denn das wird die Familie vor Bösem schützen, so zumindest der Glaube. Die Vertreter denken, damit das Richtige zu tun. Das weibliche Geschlecht hat dabei keine Entscheidungsmacht. Sklavinnen dürfen nicht zur Schule gehen und werden vom Rest der Gesellschaft isoliert. Unter ihnen herrscht eine große Konkurrenz, um die Gunst des Priesters zu gewinnen. Die Tradition besagt, dass sie Mädchen aus jeder Generation in den Tempeln dienen müssen, falls eine von ihnen sterben sollte, damit die Familie weiterhin geschützt wird. Dabei würde es keine Rolle spielen, dass das Verbrechen nicht vom weiblichen Geschlecht verursacht wurde. Frauen werden versklavt und müssen alle Tätigkeiten erledigen, die es gibt, beispielsweise Äcker pflügen oder Wasser holen. Dazu gehört es auch, den Priester sexuell zu befriedigen, sobald die Pubertät erreicht wird. Sexuelle Knechtschaft ist geläufig und viele der Frauen müssen die Kinder der Priester gebären. Perenyi blieb dies erspart, da sie damals vor ihrer erste Geschlechtsreife befreit wurde. Wenn die Frauen den Priester verärgern, werden sie ausgepeitscht. Trokosi existiert immer noch, obwohl die Regierung in Accra es 1998 als illegal anerkannt hat. 1997 gab es 5.000 Frauen und Kindern in Ghana, die gefangen waren, seitdem das Gesetz in Kraft trat. Trotzdem wurde seither kein Priester oder Familienmitglied verurteilt. 2013 sind noch zwischen 4.000 und 6.000 Frauen und Kinder unter der Herrschaft der Tempel. Jetzt verfolgen die Priester drastischere Maßnahmen: Sie entführen Frauen von den öffentlichen Tempeln und verstecken sie in entlegenen Orten. 5)Thomson Reuters Foundation News: Virgin wives of the fetish Gods – Ghana’s trokosi tradition; 04.10.2013 6)Pulse: How girls are donated to shrines as sex slaves in Ghana; 16.05.2018 7)allAfrica: Africa: Strange African Traditions Around the Girl Child; 11.11.2018, nicht mehr verfügbar
Die 62. Tagung der Commission on the Status of Women (CSW) hat sich dem Thema „die Ungleichheiten in ländlichen Gebieten aufgrund des Geschlechts der Frau“ gewidmet. Diese werden für Afrikas Agenda 2063 und die Agenda für nachhaltige Entwicklung 2030 ausschlaggebend sein. Immerhin machen die Frauen auf dem Land das Rückgrat der afrikanischen Wirtschaft aus. 8)UN Women Africa: Empower Women and Girls in Rural Areas to Achieve the SDGs and Africa’s Agenda 2063; 13.03.2018
Industriestaaten und Internationale Gemeinschaften müssen zusammenarbeiten, um gegen die Ungleichheit der Frauen vorzugehen. Man muss Völker aufklären und über solche Missstände berichten, wie bei Perenyi. Situationen wie diese dürfen nicht runtergespielt oder geheim gehalten werden. Jedes Mädchen und jede Frau hat das Recht, ein normales Leben zu führen.
Fußnoten und Quellen:
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