Wie kongolesische Bauern für Palmöl von ihrem Land vertrieben werden
2009 erwarb der kanadische Konzern Feronia das Palmölunternehmen Plantations et Huileries du Congo (PHC) vom niederländischen Lebensmittelkonzern Unilever. PHC besitzt mehr als 100,000 Hektar Land in der Demokratischen Republik Kongo und hat 8000 Arbeiter. Durch den Verkauf wird PHC zur Tochterfirma von Feronia. Der kanadische Konzern erhält 76,17 Prozent der Anteile des Palmölunternehmens und hat Zugang zu mehr als 30.000 Hektar Land an drei Standorten. Der zentralafrikanische Staat bekommt die restlichen Anteile. 1) Deutschlandfunk: Kongo: Entwicklungshilfe mit den Mitteln der Ökonomie; Artikel vom 01.06.2018
Anfang November 2018 reichten neun betroffene Gemeinden des zentralafrikanischen Landes Beschwerde bei deutschen Entwicklungsbank DEG ein. Die Entwicklungsbank unterstützt seit 2015 das Palmölunternehmen PHC. „Mehrere Gespräche mit der DEG haben leider zu keiner echten Verbesserung der Situation der Gemeinden und auch nicht zur Klärung der teilweise dubiosen Rechtsansprüche des Unternehmens geführt“, so Kathrin Petz von urgewald. Die Gemeinden werfen Feronia Landraub, Ausbeutung und Vernachlässigung vor. 2) urgewald: Palmöl-Projekt im Kongo: Betroffene reichen Beschwerde bei finanzierender DEG ein; Artikel vom 05.11.2108
Ein Verbot hindert die Gemeinden, die Umgebung der Dörfer zu nutzen. Weil das Unternehmen neben 25.000 Hektar Ölpalmplantagen noch 75.000 Hektar Wald beansprucht, hat die Gemeinde dort keinen Zugang. Der fehlende Zugang zu Land und die illegale Übernahme des Ackerlands hat zu Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelversorgung geführt. Die Bewohner haben kaum Möglichkeiten, sich den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen und sind gezwungen, auf der Farm des Unternehmens zu arbeiten. Die Gemeinden werfen dem Unternehmen Landraub vor, denn es verlegt die Grenzsteine der Gemeinden, ohne Kenntnis der Bauern. Obwohl Feronia gerechte Löhne und bessere Lebensbedingungen für die Arbeiter verspricht, bekommen sie nur eine geringe Bezahlung. Die Infrastruktur, die Medizinversorgung und die Schulen in den Dörfern sind bis heute immer noch vernachlässigt und kaum ausgebaut. Wenn die Dorfbewohner protestieren oder streiken, dann werden sie von den Sicherheitskräften der Firmen mit Gewalt vertrieben. 3) Deutschlandfunk: Kongo: Entwicklungshilfe mit den Mitteln der Ökonomie; Artikel vom 01.06.2018 4) Grain: Entwicklungsbankkunde in der Kritik: Landrechtskonflikte und undurchsichtige Finanztransaktionen bei kongolesischer Palmölfirma; Beitrag vom 02.11.2016
Die Palmölplantagen sind von ihrer Kolonialgeschichte sehr belastet. Früher betrieb die lokale Bevölkerung die riesigen, „wilden“ Ölpalmenplantagen. Sie stellte verschiedene Produkte wie Lebensmittel, Medizin und Textilien aus den Ölpalmen her. 1911 gründete der britische Geschäftsmann Lord Leverhulme die Ölpalmhaine, als der Kongo unter belgischer Kolonialherrschaft stand. Lord Leverhulme erzielte ein Abkommen mit der Kolonialregierung und bekam die Pachtrechte für 750.000 Hektar Land zugesprochen. Damit war er im Besitz sämtlicher Palmölplantagen des Kongo. Die britische Kolonialverwaltung erlaubte Leverhulmes Unternehmen, Huileries du Congo Belge, Palmöl aus Belgisch-Kongo für Seifenfabriken in England zu produzieren und herzustellen. Der Firma stahl das Land ohne Zustimmung der kongolesischen Gemeinden und begann damit, Arbeiter gewaltsam aus anderen Provinzen des Landes zu holen. Sie wurden in Arbeitslager gebracht und waren gezwungen, auf den Palmölplantagen unter unmenschlichen Bedingungen zu arbeiten – überwacht von der belgischen Kolonialarmee. Leverhulme zerstörte schließlich die Ölpalmhaine und wandelte sie zu großflächigen Plantagen um. Seine Firma hieß fortan Plantations et Huileries du Congo (PHC) um, da gehörte die Firma zum Unternehmen Unilever. 5) Grain: Entwicklungsbankkunde in der Kritik: Landrechtskonflikte und undurchsichtige Finanztransaktionen bei kongolesischer Palmölfirma; Beitrag vom 02.11.2016 6) WRM: Democratic Republic of Congo: Turning peasant lands once more into oil palm monocultures; Artikel vom 29.04.2018
Nach der Machtübernahme 1965 durch den Diktatur Mobutu versank die Demokratische Republik Kongo in Wirtschaftskrisen und Bürgerkriegen. Das Unternehmen musste seine eigenen Plantagen aufgeben, aber es behielt die Farmen in anderen Gebieten, bis Unilever es 2009 an Feronia verkaufte. Die Bewohner übernahmen die aufgegebenen Plantagen und begannen, dort Palmöl für den heimischen Markt anzubauen und sich so ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 7) WRM: Democratic Republic of Congo: Turning peasant lands once more into oil palm monocultures; Artikel vom 29.04.2018
Ursprünglich sind die Ölpalmen in Afrika beheimatet, dennoch sind Malaysia und Indonesien die größten Produzenten der Welt. 8) Mittelbayerische: Palmöl-Boom erreicht Afrikas Tropen; nicht mehr verfügbar Laut Statistik produzierte die Demokratische Republik Kongo 2013 300.000 Tonnen Palmöl und liegt damit auf dem zwölftem Rang, hinter anderen afrikanischen Staaten wie Nigeria und die Elfenbeinküste. 9) Actualitix: Palmöl – Produktion (Tonnen); Stand vom 29.11.2018 Aber weil in Südostasien die Fläche für Palmöl langsam ausgeht und die Nachfrage danach auf dem Weltmarkt weitersteigt, soll nun vermehrt in Afrika angebaut werden. Die Ausbreitung der Ölpalmfarm bedroht mit der damit verbundenen Abholzung des Regenwaldes die Heimat der indigenen Bevölkerung und den Lebensraum von zahlreichen Tieren wie Gorillas, Schimpansen und Waldelefanten. Besonders die Firma Wilmar International, der bereits wegen Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen wie Landraub und Vertreibung in der Kritik steht, will Plantagen in Afrika errichten. 10) Mittelbayerische: Palmöl-Boom erreicht Afrikas Tropen; nicht mehr verfügbar 11) Süddeutsche Zeitung: Palmölboom in Afrika: Todbringende Ölpalmen; Artikel vom 23.07.2014 12) EURACTIV: EU soll mehr für den Urwaldschutz tun; Artikel vom 21.02.2018
Als Reaktion auf diese Entwicklung wurde in der Demokratischen Republik Kongo das sogenannte PAPAKIN-Projekt ins Leben gerufen, mit Ziel, die Bauern beim Einstieg in Agribusinnessunternehmen zu unterstützen und die Produktion von Lebensmitteln auf den Feldern zu verbessern. Das Projekt wird kritisiert, weil den Bauern dadurch die Kontrolle über die ländlichen Gebiete entzogen wird und sie abhängig von ausländischen Unternehmen werden. Die Bauern sind nun angewiesen auf chemische Düngemittel und gezüchtete Nahrungsmittelpflanzen, die sie nur von westlichen Firmen beziehen können. Es liegt nahe, dass es den Unternehmen nur darum geht, die Farmer in eine Abhängigkeit zu zwingen. 13) WRM: Democratic Republic of Congo: Turning peasant lands once more into oil palm monocultures; Artikel vom 29.04.2018
Fußnoten und Quellen:
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