Venezuela: Beschlagnahmung staatlicher Raffinerien durch US-Ölkonzern verschärft Armut im Land
Seit jeher ist Venezuela auf seinen enormen Erdölvorrat angewiesen und galt dadurch einst als reichstes und politisch stabilstes Land Lateinamerikas. Doch der Andenstaat steht wirtschaftlich trotz seiner gigantischen Ölvorkommen am Abgrund. In letzter Zeit erheben zudem immer mehr Firmen und Banken Klagen für die Nichtzahlung von Schulden oder ausgebliebenen Profiten. So auch der US-Ölkonzern ConocoPhillips, dem bereits im April eine Entschädigungszahlung von 2 Milliarden US-Dollar zugesprochen wurde und nun die Kontrolle der Lagerbestände und Vermögenswerte des venezolanischen Erdölunternehmens PDVSA auf den Karibikinseln Bonaire und St. Eustatius übernehmen will, da Venezuela dank der Misswirtschaft von Präsident Maduro die entsprechende Entschädigung nicht zahlen kann. 1) amerika21: Venezuela: US-Ölkonzern Conoco will Erdölraffinerien in der Karibik beschlagnahmen; Artikel vom 14.5.2018
Die Erdölraffinerien auf den Karibikinseln sind von zentraler Bedeutung für den venezolanischen Erdölexport. Die Lager auf den Karibikinseln Bonaire und St. Eustatius sind zudem besonders wichtig, da von ihnen im vergangenen Jahr rund zehn Prozent der venezolanischen Erdölexporte getätigt wurden. ConocoPhillips, drittgrößter US-Erdölkonzern, stellt zudem Ansprüche auf die PDVSA-Anlagen auf Curaçao, wo sich die größten Erdölraffinerien Venezuelas in der Karibik befinden und von denen 14 Prozent der Erdölexporte des vergangenen Jahres verschifft wurden. Die dort gehaltenen Wertgegenstände, die auf rund 636 Millionen Dollar geschätzt werden, sollen an die vor Ort ansässige Niederlassung der amerikanischen Firma gehen. 2) Handelsblatt: US-Konzern übernimmt Vermögen von venezolanischem Ölgiganten PDVSA; Artikel vom 14.5.2018
Venezuela geht es sehr schlecht. Schon lange läuft das Geschäft mit dem Erdöl nicht gut und Maduros Politik verschlimmert den Zustand immer weiter. Doch bei der Frage, inwiefern die Auswirkungen der Ölpreisschwankungen auf Venezuela selbstverschuldet sind oder ob Industriestaaten, wie die USA oder Russland eine Mitschuld tragen, gehen die Meinungen auseinander. Schon Ex-Präsident Chávez hat damals die Verstaatlichung gefördert und eine fatale Ausgabenpolitik betrieben: Statt ein finanzielles Polster aufzubauen, konzentrierte sich Maduros Vorgänger, der 2013 starb, vor allem darauf, seine Macht mit Geld zu sichern. In seiner 14-jährigen Amtszeit stieg der Anteil der Staatsausgaben laut dem Internationalen Währungsfonds von 28 auf 40 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Gleichzeitig wuchsen die Schulden stark – und damit die Abhängigkeit vom Ausland. Zudem erzielt Venezuela seitdem ganze 90 Prozent seiner Exporte nur mit Öl, die sonstigen Wirtschaftszweige sind schwach, ausländische Devisen werden fast ausschließlich durch die Rohstoffverkäufe eingenommen. Der Preisabsturz 2014 traf den Staatshaushalt deshalb hart – und mit ihm die Bevölkerung: Präsident Maduro strich die Sozialleistungen zusammen, die fehlenden Devisen verhinderten den dringend notwendigen Import von Medikamenten und Lebensmitteln. Das günstige Öl drückt an deutschen Tankstellen die Preise – in Venezuela verwehrt es Millionen Menschen den Zugang zu Essen. 3) amerika21: Venezuela: US-Ölkonzern Conoco will Erdölraffinerien in der Karibik beschlagnahmen; Artikel vom 14.5.2018
Die wirtschaftliche Gesamtsituation in Venezuela ist weiterhin angespannt. Trotz der Reform des festen Wechselkurssystems Anfang des Jahres sowie der Einführung der erdölgedeckten Kryptowährung Petro konnte die Regierung bislang keine wesentlichen Verbesserungen in der Versorgungslage der Bevölkerung erzielen.
Laute Stimmen stellen aber auch klar fest, dass die USA nun einen Beitrag dazu leisten, Venezuela wieder zurück in seine wirtschaftliche Unglücksspirale zu werfen und die Armut anzukurbeln. Beschlagnahmungen der überlebenswichtigen Erdölraffinerien könnten die ohnehin rückläufigen Erdölverkäufe des staatlichen Erdölunternehmens treffen und die Krise der Wirtschaft Venezuelas weiter verschärfen. Noch mehr Menschen würden dann an der Existenzgrenze leben. Im Verlauf der letzten zwei Jahre ist die Zahl der Menschen, die Venezuela verlassen haben, sprunghaft angestiegen. Zu groß sind das Elend und die Perspektivlosigkeit der Bevölkerung geworden. Insgesamt haben in den vergangenen 20 Jahren, seitdem die Sozialisten die Regierung stellen, 3 Millionen Menschen das Land verlassen, davon allerdings allein in den letzten zwei Jahren 1,2 Millionen – und eine Trendwende bei den Migrationsbewegungen ist in der aktuellen Situation nicht absehbar. 4) Business Insider: `I don´t have a happy ending`: Venezuela´s misery is deepening – and spilling over its borders; nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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