Steigender Konsum von Superfood in Industriestaaten schädigt Herkunftsländer
Chia-Samen, Quinoa, Goji-Beeren, Matcha-Teepulver… – Dieses sogenannte Superfood, unter dem besonders nährstoffreiche Lebensmittel mit einer angeblichen positiven Wirkung für die Gesundheit und das Wohlbefinden zusammengefasst werden, wird immer beliebter. Innerhalb eines Jahres ist der Umsatz in Deutschland mit den angesagten Produkten um fast das doppelte auf 46 Millionen Euro gestiegen. Alleine der Verkauf von Chia-Samen, die den größten Anteil am Superfood ausmachen, hat von 2015 auf 2016 um 150 Prozent zugenommen. Und auch in den nächsten Jahren ist kein Ende des Trends in Sicht. 1) Süddeutsche Zeitung: Siegeszug des Superfoods? Steigende Umsätze mit Chia und Co.; Stand: 16.05.2018 Doch nicht nur sind die angeblichen Vorteile für Körper und Geist umstritten. Der Trend hat auch enorme Auswirkungen auf die Bauern, die das Superfood anbauen – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn.
Der Großteil der hippen Lebensmittel kommt aus Lateinamerika oder Asien. Beispielsweise stammt Quinoa aus den Anden, die Goji-Beeren aus China und die Chia-Samen aus Mexiko. Dort werden die Kulturpflanzen schon seit Jahrtausenden gegessen. Doch erst seit dem Nachfrageboom in den westlichen Ländern und dem dadurch explodierenden Preis werden sie wieder im großen Stil und nicht nur für den lokalen Markt angebaut. Zwar können die Bauern damit ihre Einnahmen und ihren Lebensstandard kurzfristig steigern, nachhaltig ist der Anbau aber nicht. Denn sie werden dazu verleitet, an Stelle der traditionellen Fruchtfolgen auf intensiv bewirtschaftete Monokulturen zu setzen. Diese laugen den Boden aus und entziehen ihm Nährstoffe, wodurch dessen Fruchtbarkeit schwindet. Außerdem steigt die Gefahr von Erosionen und Schädlingsbefall. Dies führt wiederum dazu, dass die Bauern vermehrt auf chemische Düngemittel und Pestizide zurückgreifen, welche nicht nur das Superfood belasten, sondern auch das Grundwasser. 2) Deutsche Welle: Are superfoods all good for you and the environment?; Stand: 16.05.2018
Des Weiteren machen sich die Bauern durch die einseitige Bepflanzung enorm vom Weltmarkt abhängig, der sich besonders bei Lebensmitteln durch extrem schwankende Preise auszeichnet. Dies hat man beispielsweise bei dem Einbruch der Preise für Quinoa im Jahr 2015 gesehen. Die Einnahmen der Farmer sanken im Zuge dessen und sie sahen sich gezwungen, Vieh zu verkaufen und selbst auf billigere Lebensmittel wie Kartoffeln zurückzugreifen. 3) Deutsche Welle: Are superfoods all good for you and the environment?; Stand: 16.05.2018 Bereits die Verteuerung der Produkte auf Grund der erhöhten Nachfrage aus den Industrienationen führte dazu, dass sich die Bevölkerung das Superfood oft selbst nicht mehr leisten konnte. Im Fall von Quinoa muss aber hinzugefügt werden, dass sich die gestiegenen Preise wohl nicht negativ auf den einheimischen Konsum ausgewirkt haben. Es kann jedoch nicht bestritten werden, dass vor allem die Großbauern sowie internationale Landwirtschaftsunternehmen, die immer mehr in den Markt einsteigen, und nicht die kleinen Landwirte von dem Boom der Trend-Lebensmittel profitieren. Denn nur sie haben genug Anbauflächen, die modernen Maschinen und ausreichend Geld für Investitionen sowie die Absicherung gegen Preisschwankungen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Die soziale Ungleichheit sowohl in den Anbauländern als auch zwischen den Ländern wird sich dadurch wahrscheinlich noch vergrößern. 4) WirtschaftsWoche: Warum Superfood nicht super ist; Stand: 16.05.2018
Und zu guter Letzt sollten wir nicht vergessen, dass das Superfood alles andere als eine positive Öko-Bilanz hat. Denn es muss von den Herkunftsländern entweder per Schiff oder Flugzeug importiert werden, wodurch enorm viel klimaschädliches CO2 ausgestoßen wird.
Der Superfood-Trend kann durchaus dazu beitragen, Kleinbauern aus der Armut zu helfen. Jedoch nur unter der Voraussetzung, dass der Anbau nachhaltig erfolgt und der Weltmarkt für Lebensmittel stärker reguliert wird. Dies ist aber nicht der Fall und die schädlichen Folgen für Bauern und Umwelt herrschen vor. Deshalb sollten wir uns überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, diesen Trend kritisch zu hinterfragen und wieder vermehrt regionale Lebensmittel einzukaufen. Denn auch Rotkohl beugt Krebs und Herzkrankheiten vor, Brombeeren entgiften die Haut und heimische Kräuter wie Brennessel machen fit. Und billiger sind sie auch noch. 5) Du willst dich regionaler ernähren? Einen Saisonkalender für Obst und Gemüse findest du hier
Fußnoten und Quellen:
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