Fluchtgrund Intoleranz: Steigende Gewalt gegenüber „nicht-heterosexuellen“ Ghanaern
In Ghana nimmt die Gewalt gegenüber homo-, bi- und transsexuellen Personen, auch LGBT genannt, stark zu. Viele Menschen finden sich vor zwei Optionen gestellt: die Flucht oder die Unterdrückung ihrer eigenen Geschlechtlichkeit. Menschenrechtsorganisationen fordern aufgrund der grausamen Umstände eine Entkriminalisierung dieser Formen der Sexualität. 1) independent: Ghana: Campaigners demand decriminalisation of homosexuality after spike in anti-LGBT violence; Artikel vom 08.01.2018
Seit dem 07.01.2017 regiert Präsident Akufo Addo die Präsidialdemokratie. Diese gewährleistet dem Ghanaer eine starke Machtposition, da das Parlament diesen nicht abwählen kann. Als demokratisches, unabhängiges Land gilt Ghana in Westafrika als Vorzeigestaat. Die Lebensumstände sind vor allem seit dem Ölfund 2008 im Vergleich zu den meisten afrikanischen Ländern deutlich besser. In dem westafrikanischen Land herrscht weder Krieg noch ein grausamer Diktator. 2) google books: Parteiensystem und Verfassung in Afrika; Stand 12.01.2018
Dennoch flohen 6000 Ghanaer im Jahr 2017 aus ihrem Herkunftsland. Rund 27 Prozent mehr als im Jahr davor. Ursache dafür ist unter anderem die herrschende Armut. Trotz des Wirtschaftsaufschwungs finden sich große Teile der Bevölkerung immer noch in unvermögenden Verhältnissen wieder. Doch nicht nur die Armut treibt Ghanaer in die Flucht – unter den Geflüchteten befinden sich auch Menschen, die vor der Intoleranz ihres eigenen Volkes fliehen. 3) U.S. Department of State: Protecting and Assisting LGBT Refugees; nicht mehr verfügbar
Diese manifestiert sich im „Criminal Offenses Act“ von Ghana. Act No. 29 beschreibt jegliche Formen der Sexualität, abgesehen von der Heterosexualität, als unnatürlich. Sexuelle Interaktionen dieser Art werden gesetzlich verboten und können bestraft werden. Offiziell wurde die Rechtsvorschrift innerhalb der letzten Jahre nicht in Gebrauch genommen, dennoch erfahren unzählige LGBTSs in Ghana Leid und andersartige Bestrafung, sobald auch nur der Verdacht auf „unnatürliche“ Sexualität besteht. Ursache scheint eine Kombination aus der Kriminalisierung von sexuellem Verhalten Erwachsener und dem hochgradig religiös und sozial konservativen Kontext in Ghana zu sein. Im Süden des Landes ist vor allem das Christentum, im Norden der Islam verbreitet – in beiden Teilen der westafrikanischen Demokratie wird die Selbstverwirklichung der LGBTs massiv eingeschränkt. Zu der negativen Stimmung gegenüber homo-, bi- und transsexuellen Ghanaern trägt auch der drittmächtigste Mann Ghanas bei: der Parlamentssprecher Mike Oquaye. Neben anderen Autoritätspersonen beschreibt er diese sexuellen Neigungen als bestialisch und scheußlich und spricht sich für eine Verstärkung der Kriminalisierung aus. 4) hrw: Ghana: Discrimination, Violence against LGBT People; Artikel vom 08.01.2018 5) hrw: „No Choice but to Deny Who I Am“; Veröffentlicht Januar 2018
Die Folgen der Intoleranz sind verheerend. Diskriminierung, häusliche Gewalt und der Verstoß aus der Familie – ein Schicksal, das viele LGBT-Ghanaer teilen. Laut einer Studie von Human Rights Watch wurde eine lesbische Frau mit einer Machete aus ihrem Zuhause vertrieben. Ihre zweijährige Tochter musste sie zurücklassen. 6) hrw: „No Choice but to Deny Who I Am“; Veröffentlicht Januar 2018
Obwohl Ghana schon mehrfach dazu aufgefordert wurde, das Gesetz außer Kraft zu setzen, ist es bis heute gültig. Aufgrund dessen haben viele Opfer von Gewalt Angst davor, sich an die Polizei zu wenden. Stattdessen sind LGBT-Individuen dazu gezwungen, ihre Sexualität zu verleugnen oder zu fliehen. 7) hrw: „No Choice but to Deny Who I Am“; Veröffentlicht Januar 2018
Im afrikanischen Raum ist Ghana keine Ausnahme: 22 weitere Staaten erkennen sexuelle Beziehungen, die nicht zwischen Mann und Frau geschlossen werden, nicht als legal an. Neben Asien weist kein Kontinent mehr Länder auf, in denen nicht-heterosexuelle Interaktionen illegal sind. Die einzigen 8 Länder der Welt, in denen sogar die Todesstrafe verhängt wird, sind ebenfalls in Asien und Afrika zu verorten. LGBT-Personen fliehen aus weltweit 71 Staaten, in denen nur Heterosexualität legal ist. Dementsprechend kann von hunderten Millionen Menschen ausgegangen werden, die von diesem Problem betroffen sein können. 8) ilga: State – Sponsored Homophobia; Veröffentlicht Mai 2017
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare