Neue Studie von CARE: Frauen auf der Flucht
Die Hilfsorganisation Care zeigt in ihrer neuen Studie mit dem Titel: „Left behind: How the world is failing women and girls on refugee family reunion“ massive Lücken im Schutz von Frauen auf der Flucht auf. Care fordert, dass Frauen vermehrt vor sexueller Gewalt und Übergriffen geschützt werden müssten, was sich leicht durch gezielte Familienzusammenführungen und die Umsiedlung von Geflüchteten aus humanitären Gründen – unter Berücksichtigung der humanitären Klausel der Dublin- III-Verordnung – erreichen ließe.
„Familien gehören zusammen – für uns als Deutsche wird das an Weihnachten besonders deutlich. Doch Regierungen in Europa, inklusive Deutschland, arbeiten bei geflohenen Menschen mit einem sehr engen Verständnis von Familie. Familienmitglieder in europäischen Ländern, die traumatisierten Frauen Schutz bieten könnten, werden nicht als solche anerkannt. Das muss sich dringend ändern“, so CARE-Generalsekretär Karl-Otto Zentel. Auch unzureichende Rechtsberatung, mangelnde Unterstützung bei der Bewältigung von Traumata sowie fehlende Schutzräume werden in der Studie angeprangert. 1)CARE: Left behind; 2017
Wenigstens die Hälfte aller Menschen, die sich weltweit auf der Flucht befinden, sind Mädchen und Frauen, viele davon sind Binnenflüchtlinge, die es höchstens bis ins Nachbarland schaffen.. Obwohl der Großteil der in Deutschland Ankommenden geflüchtete Männer sind, wurden 2014 laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 33,4% der Asylanträge von Frauen bzw. Mädchen gestellt. Häufig suchen sie Schutz vor ihrem Partner oder der Familie, um Zwangsheiraten, Ehrenmorden oder Gewalt zu entkommen. Oft müssen sie sich mit kleinen Kindern und älteren Verwandten auf die Reise begeben und sind der Willkür von Schleusern ausgesetzt. Die Flucht über das Mittelmeer ist nicht nur traumatisierend, weil die meisten weiblichen Flüchtlinge nicht schwimmen können, häufig drohen auch Vergewaltigungen, die – neben psychischen und körperlichen Verletzungen – aufgrund kultureller Normen die gesellschaftliche Isolation bedeuten können. 2)Terre des femmes: Besonders schutzbedürftig; 10/2015
Und die Bedrohungen enden nicht, wenn die Frauen in Europa ankommen. Da Zimmer und Waschräume in den Flüchtlingsunterkünften nicht abgeschlossen werden können und Männer allein durch ihre Zahl dominieren, werden die Frauen manchmal bis in die Duschen hinein verfolgt. Heike Rabe, Expertin für geschlechtsspezifische Gewalt beim Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin: „In Flüchtlingsunterkünften laufen viele Menschen Gefahr, sexualisierte und häusliche Gewalt durch Partner, Bewohner oder Personal zu erleben.“Praktische Hilfe wird dadurch erschwert, dass Frauen aus Angst vor Übergriffen (und aus Tradition heraus) die Unterkünfte so gut wie nie verlassen.
Zwar gilt geschlechtsspezifische Verfolgung seit der Genfer Flüchtlingskonvention 1951 als Asylgrund, dennoch hat sich Deutschland bis 2005 dagegen gesperrt, sogenannte nichtstaatliche Verfolgung wie Vergewaltigung und häusliche Gewalt als Fluchtursache anzuerkennen. Und auch die Realität sieht anders aus: nur ein Bruchteil der AsylbewerberInnen jährlich wird aufgrund „geschlechtsspezifischer Verfolgung“ als Flüchtlinge anerkannt, weil den Frauen (und homosexuellen Männern) oft nicht geglaubt wird. 3)TAZ: Flucht im Schatten; aufgerufen am 22.12.2017
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare