Bürgerkrieg im Jemen: Saudi-Arabiens Grenzschließung führt zur Hungersnot
Im Jemen herrschen derzeit katastrophale Zustände. Im Süden der arabischen Halbinsel wütet seit 2014 ein Bürgerkrieg, der sich inzwischen zu einem schiitischen und sunnitischen Stellvertreterkrieg der beiden Schutzmächte Saudi-Arabien und dem Iran ausgeweitet hat. Dabei kämpfen schiitische Huthi-Rebellen mit Unterstützung von Streitkräften der iranischen Regierung gegen die sunnitische saudi-arabische Armee mit ihren westlichen Bündnispartnern (USA, UK, BRD) sowie das jemenitische Militär des Präsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi. Außerdem breitet sich im Jemen die Krankheit Cholera aus, die epidemische Ausmaße erreicht hat. Die Cholera-Epidemie, die seit Ende April 900.000 Menschen infiziert und über 2.200 getötet haben soll, ist sehr verheerend und setzt der Krisensituation des ärmsten Landes der Region schwer zu. Doch jetzt droht sich durch einen weiteren Punkt die Lage drastisch zu verschärfen. 1) Die Zeit Online: Vereinte Nationen fordern Ende der Blockade im Jemen; 09.11.2017 2) Die Zeit Online: Saudi-Arabien zerbombt im Jemen jede Hoffnung; 13.10.2017 3) blick.ch: Jemen — Spielball der Mächtigen 4) unric.org: Fast 900.000 mutmaßliche Cholera-Fälle im Jemen; nicht mehr verfügbar
Denn die Vereinten Nationen und 20 weitere Hilfsorganisationen schlagen in einer gemeinsamen Stellungnahme zu den aktuellen Geschehnissen Alarm: Das von Saudi-Arabien angeführte Militärbündnis hatte, nachdem letztes Wochenende eine Rakete von den Huthi-Rebellen auf die Hauptstadt Riad abgefeuert wurde, am Montag, den 06.11.2017, eine Blockade der Luft-, Land- und Seeverbindungen zum Jemen initiiert. Die UN fordern sofort ein Ende dieser Blockade, denn der Jemen ist zurzeit sehr stark auf umfassende Importe von humanitärer Hilfe angewiesen. Die Häfen und Flughäfen müssen sofort wieder geöffnet werden, damit wieder ausreichend Lebensmittel, Benzin und Medikamente in den Staat transportiert werden können. Sonst könnte es zu einer Hungersnot mit Millionen von Toten kommen, warnen die UN, die zudem beklagen, von dieser Blockade im Vorfeld nichts gewusst zu haben bzw. nicht informiert worden zu sein. 5) Die Zeit Online: Vereinte Nationen fordern Ende der Blockade im Jemen; 09.11.2017 6) Die Zeit Online: Saudi-Arabien fängt Rakete auf Riad ab; 04.11.2017
Ein Zusammenschluss von Hilfsorganisationen, darunter CARE, Oxfam und Save the Children, hat sich anlässlich der temporär geschlossenen Landesgrenzen stark besorgt gezeigt. Sie fordern, dass die Hilfsgüter schnellstmöglich den Menschen zur Verfügung gestellt werden müssen. Denn wie lange die Schließung der Grenzen anhalten wird, ist unklar, und wie alle Vorräte dorthin geschafft werden sollen, auch. Nach Angaben der Organisationen sind im Jemen zwei Drittel der Bevölkerung von den lebenswichtigen Importen abhängig. Die Nahrungsmittelvorräte reichen demnach durch die Grenzschließung nur für sechs Wochen und die Impfstoffe gegen Cholera gibt es nur noch für einen Monat. 7) Die Zeit Online: Vereinte Nationen fordern Ende der Blockade im Jemen; 09.11.2017 8) epo.de: Jemen / Hilfsorganisationen zur Schließung der Grenzen; 09.11.2017
Schon jetzt benötigen mehr als 20 Millionen Menschen Hilfe, und sieben Millionen von ihnen leben in Zuständen, die einer Hungersnot gleichen. 2,4 Millionen sind auf der Flucht vor dem Krieg. Eine unzureichende und sehr marode Trinkwasserversorgung belastet die Hälfte der Bevölkerung. Der UN-Nothilfekoordinator, Mark Lowcock, warnte, dass dieser Konflikt zu einer der schwersten Hungersnöte führen könnte, wie sie die Welt seit Jahrzehnten noch nie erlebt hatte. In einer Sitzung des Weltsicherheitsrats sagte er konkret: „Es wird nicht wie die Hungersnot im Südsudan in diesem Jahr sein, wo zehntausende Menschen betroffen waren. Es wird nicht wie die Hungersnot 2011 in Somalia sein, wo 250.000 Menschen ums Leben gekommen sind. Es wird die größte Hungersnot sein, die die Welt seit vielen Jahrzehnten gesehen hat – mit Millionen von Opfern.“ 9) Die Zeit Online: Vereinte Nationen fordern Ende der Blockade im Jemen; 09.11.2017 10) blick.ch: Jemen — Spielball der Mächtigen
Johan Mooij, Landesdirektor von CARE im Jemen, stellte die verheerende Lage dar: „Während wir die Aussage begrüßen, dass humanitäre Hilfe weiterhin Zugang haben soll, beobachten wir gleichzeitig, dass Hilfsfrachter am Hafen von Hodeidah keine Erlaubnis zur Einfuhr erhalten. Wir sind zutiefst beunruhigt, dass dies direkten Einfluss auf unsere lebensrettende Arbeit hat. Der Jemen ist nur einen Schritt von einer Hungersnot entfernt, zusätzlich breitet sich Cholera weiter aus, auch die öffentliche Versorgung verfällt zunehmend.“ 11) epo.de: Jemen / Hilfsorganisationen zur Schließung der Grenzen; 09.11.2017
Seit dem Inkrafttreten der Abschottung Jemens folgten viele andere Aufforderungen von Seiten der Hilfsorganisationen, die Grenzen zu öffnen, um einer Katastrophe zu entfliehen.
Der Länderdirektor von Save the Children im Jemen, Tamer Kirolos, äußert sich sehr besorgt: „Millionen Kinder überleben durch den Import von Lebensmitteln und Medikamenten. Kinderleben stehen auf dem Spiel, wenn diese Notversorgung auch nur eine Woche ausbleibt. Es ist dringend notwendig, dass Nothelfer und überlebenswichtige Güter wie Nahrung, Medizin und Treibstoff durchgehend und ohne Verzögerung in den Jemen gelangen können und alle Grenzblockaden beseitigt werden.“ 12) epo.de: Jemen / Hilfsorganisationen zur Schließung der Grenzen; 09.11.2017
Shane Stevenson, Länderdirektor von Oxfam im Jemen, bringt es auf den Punkt und appelliert an die von Saudi-Arabien angeführte Koalition: „Mit 21 Millionen Notleidenden, stellt der Jemen momentan die weltweit größte humanitäre Krise dar. Um zu vermeiden, dass nicht noch mehr Menschen sterben und weitere Millionen sinnlos leiden, ist es lebensnotwendig, dass Hilfe rechtzeitig ankommt und um keine weitere Stunde aufgeschoben wird. Die Koalition muss jetzt vollständige Klarheit über alle ihre Maßnahmen schaffen und vor allen Dingen sicherstellen, dass Hilfeleistungen und humanitäre Arbeit in keiner Weise beeinträchtigt werden.“ 13) epo.de: Jemen / Hilfsorganisationen zur Schließung der Grenzen; 09.11.2017
Der Bürgerkrieg im Jemen droht zu explodieren, und trotzdem gibt es keinen Warnschuss in Richtung der europäischen Westmächte, Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien einzustellen, damit der Konflikt abgeschwächt werden könnte. Im Jahr 2016 hatte zwar das europäische Parlament für ein Waffenembargo gestimmt, doch für die Mitgliedstaaten war das nicht bindend: Im März 2016 genehmigte die Bundesrepublik Deutschland dennoch eine Lieferung von 23 militärisch einsetzbaren Hubschraubern, und in den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden Rüstungsexporte in Millionenhöhe (36 Millionen) exportiert. Anfang des Monats wurde bekannt, dass der deutsche Rheinmetall-Defence-Manager, Andreas Schwer, das saudische Unternehmen SAMI (Saudi Arabian Military Services) führen soll. Mit diesem staatlichen Rüstungskonzern will die saudische Regierung zur Spitze der weltgrößten Waffenhersteller angehören. 14) focus.de: Saudi-Arabien baut eigenen Rüstungskonzern auf – mit einem Deutschen an der Spitze; 04.11.2017 15) ohne-ruestung-leben.de: Saudi-Arabiens Krieg im Jemen spielt Al-Qaida in die Hände; 01.08.2017 16) Die Zeit Online: Saudi-Arabien zerbombt im Jemen jede Hoffnung; 13.10.2016
Auch die USA und Großbritannien befeuern den zur Hungersnot führenden Konflikt ins Extreme. Amnesty International hatte dokumentiert, dass die saudische Luftwaffe Streubomben aus britischer Produktion einsetzt, und dass diese vor Jahren importiert wurden. Die USA unterstützen mit Treibstoff, Munition und Panzern, wo es nur geht, um gegen den Iran vorzugehen. Der Staat verkommt zum Spielball der Mächtigen. 17) blick.ch: Jemen — Spielball der Mächtigen 18) Die Zeit Online: Saudi-Arabien zerbombt im Jemen jede Hoffnung; 13.10.2016
Dem Anschein nach hat der Westen die Methoden Saudi-Arabiens akzeptiert, hilft tatkräftig mit und nimmt den Hungerstod von Millionen Menschen, einschließlich hunderttausenden von Kindern, in Kauf. Die Jemen-Krise wurde als „Hinterhof“ Saudi-Arabiens abgestempelt und komplett in den Hintergrund gedrückt. Das bekommen jetzt die dort lebenden Menschen sehr stark zu spüren und müssen um ihr Leben bangen. Der Konflikt hat bisher mindestens 10.000 Tote und über 40.000 Verletzte gefordert. 19) blick.ch: Jemen — Spielball der Mächtigen 20) Die Zeit Online: Saudi-Arabien zerbombt im Jemen jede Hoffnung; 13.10.2016
Fußnoten und Quellen:
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