Konfliktparteien in Syrien nutzen Wasser als Kriegsinstrument auf Kosten der Bevölkerung
Aufgrund von Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Rebellen sowie Sabotageakten im Tal Wadi Barada kommt es in der syrischen Hauptstadt Damaskus für die Bevölkerung immer wieder zu verheerender Wasserknappheit. Zuletzt war die Wasserversorgung in der Stadt mehrere Wochen bis Anfang des Jahres unterbrochen. Betroffen waren davon etwa fünfeinhalb Millionen Einwohner, welche zum Teil völlig von der Wasserversorgung abgeschnitten wurden. In Folge versuchten sich viele Menschen notdürftig aus öffentlichen Brunnen mit Wasser zu versorgen, wobei dieses jedoch häufig verunreinigt und nicht als Trinkwasser geeignet war. Damit sowie aufgrund des Zusammenbruchs der Sanitärversorgung wuchs auch die Gefahr der Ausbreitung von Krankheiten. Dies kann vor allem für die zahlreichen Kinder der Stadt dramatische Folgen haben. Hinzu kommen die klimatischen Bedingungen in Syrien. So können die Temperaturen im Sommer durchaus an die 40 Grad erreichen. Eine fehlende Wasserversorgung hat dann besonders dramatische Auswirkungen. Die Bevölkerung steht damit also vor der Wahl, entweder zu verdursten, verunreinigtes Wasser zu trinken und sich dabei vielleicht mit einer gefährlichen Krankheit zu infizieren oder zu fliehen – entweder innerhalb des Landes oder über die Landesgrenzen hinweg. Dass sich mittlerweile zunehmend viele Menschen für die letztgenannte Option entscheiden, zeigt sich derzeit an den Flüchtlingszahlen in Europa.
Wasserentzug gegen die gegnerische Seite eines Konflikts einzusetzen scheint mittlerweile jedoch gängige Praxis geworden zu sein und lässt sich beispielsweise auch in anderen irakischen oder syrischen Städten wie Aleppo beobachten. 1) Deutschlandfunk: Durst als Waffe; Artikel vom 26.09.16 So wird Wasser in Syrien zunehmend als Kriegsmittel verwendet, bringt die Bevölkerung damit in schlimme Notlagen und macht sie abhängig von humanitärer Hilfe.
Vor sechs Jahren begann der Aufstand gegen das Assad-Regime, ein Ende ist jedoch bis heute nicht in Sicht. 2) Deutschlandradio Kultur: „Neun Millionen Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen“; Artikel vom 15.03.17 Die Region um das Tal Wadi Barada, aus welcher rund 70 Prozent des Wassers in Damaskus stammen, ist dabei seit 2012 von Rebellen besetzt. Aufgrund der Wasservorkommen und seiner Fruchtbarkeit ist das Gebiet jedoch strategisch wichtig und daher stark umkämpft. Der Kampf um das Wasser bildet somit die Konfliktlinien des seit Jahren herrschenden Krieges in Syrien ab. So werfen die Regierungstruppen den Rebellen vor, die Wasserversorgung Damaskus‘ durch den Barada-Fluss zu beeinträchtigen, während die Rebellen Bombardements der Regierung für die Wasserknappheit verantwortlich machen. Wer tatsächlich verantwortlich ist, lässt sich jedoch nicht zuverlässig feststellen. Als wahrscheinlichste Variante gilt, dass Luftwaffenangriffe der Regierung Schäden in der Infrastruktur verursachten und dadurch das Wasser verseucht wurde. Infolgedessen hatten viele Einwohner Damaskus‘ über Wochen hinweg kein fließendes Wasser, was die Preise für abgefülltes Trinkwasser mehr als verdoppelte. 3) SZ: UN-Sicherheitsrat stimmt für Waffenruhe in Syrien; Artikel vom 31.12.2017 Für die Bewohner bedeutet dies, dass sie nahezu ihr gesamtes ohnehin meist geringes Gehalt für den Erwerb von Wasser ausgeben müssen, sofern es überhaupt reicht, sich die lebensnotwendige Ressource leisten zu können. Eine weitere Folge des Wassermangels besteht in dem damit verbundenen Engpass bezüglich der Stromversorgung der Stadt. So konnte diese nur zwölf Stunden am Tag aufrechterhalten werden, da den Kraftwerken ihr Treibstoff entzogen wurde. Es lässt sich diesbezüglich vermuten, dass im Schutz der Dunkelheit auch ein Anstieg der Kriminalität zu befürchten ist. Auch Schulen mussten aufgrund der Wasserknappheit schließen, da keine adäquate Versorgung der Schüler mehr ermöglicht werden konnte. 4) Heute: Damaskus: Wut über Wasserkrise; nicht mehr verfügbar
Die Bemühungen um eine anhaltende Waffenruhe zwischen Regierung und oppositionellen Rebellen bleiben bis heute weitgehend erfolglos. Und so wird es wohl auch in Zukunft immer wieder zu Strom-, Benzin-, Gas- und neuerdings auch Wasserkrisen in der Region kommen. Zudem sind die Fronten mittlerweile bereits so verhärtet, dass die Rebellen nicht einmal mehr Techniker und Ingenieure in das von ihnen besetzte Gebiet vorlassen, um Schäden an Pumpstationen und Wasserkraftwerken zu reparieren. 5) Tagesschau: Damaskus sitzt auf dem Trockenen; Artikel nicht mehr verfügbar Damit einher gehen Langzeiteffekte wie die generell geringere Verfügbarkeit von Wasser. Hatte vor Beginn des Krieges jeder Syrer durchschnittlich zwischen 120 und 180 Liter Wasser täglich zur Verfügung, so sind es heute nur noch maximal sechs bis neun Liter. Zum Vergleich: Das entspricht nur zwei Prozent dessen, was in Deutschland pro Person täglich durchschnittlich verbraucht wird. 6) Deutschlandfunk: Durst als Waffe; Artikel vom 26.09.16
Das Ziel, mit der Rückeroberung des Barada-Tals die Trinkwasserversorgung in Damaskus wieder zuverlässig gewährleisten zu können und zugleich einen moralischen Erfolg zu erzielen, konnte von der Regierung mittlerweile erreicht werden. 7) Epoch Times: Syrische Armee befreit wichtige Region bei Damaskus – Wasserversorgung gesichert; Artikel vom 29.01.17 Es muss jedoch gesagt werden, dass im syrischen Bürgerkrieg Wasser von allen Konfliktparteien als Waffe eingesetzt wird. Also von der Regierung des Präsidenten Assad ebenso wie von den unterschiedlichen Rebellengruppen, die ihn entmachten wollen. Menschen den Zugang zu sauberem Wasser zu versperren, bedeutet jedoch die Verweigerung eines fundamentalen Menschenrechts und somit einen massiven Verstoß gegen internationale Menschenrechte. 8) NeoPresse: UN: Wasser als Waffe in Kriegen und Konflikten; Artikel vom 21.05.14
Der bewaffnete Konflikt hat bereits mehr als 150.000 Menschen das Leben gekostet und fast neun Millionen Syrer befinden sich auf der Flucht. Mit dem Entzug von Wasser und Nahrungsmitteln scheint der Konflikt nun eine weitere seiner grausamen Facetten zu zeigen. 9) NeoPresse: UN: Wasser als Waffe in Kriegen und Konflikten; Artikel vom 21.05.14 So scheint Durst als Waffe oft mehr Schaden anzurichten, als Waffen es je könnten.
Fußnoten und Quellen:
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