Westsahara: Ein „sicheres Herkunftsland“ – trotz menschenverachtender Vorkommnisse
In der letzten Kolonie in Afrika, der Westsahara, spielt sich ein Konflikt ab, der von der Weltgemeinschaft vergessen scheint – noch immer wird die lokale Bevölkerung, die Sahrauis unterdrückt.
Die Westsahara war bis 1975 eine spanische Kolonie. Als sich die Spanier zurückzogen, annektierte Marokko das Gebiet. Die UN lehnte diese Besatzung jedoch aufgrund rechtswidrigen Handelns ab und fordert bis heute ein Referendum. Die Polisario-Front, eine militärische und politische Organisation in der Westsahara, schloss sich zusammen, um das Land aus der Annexion von Marokko zu befreien und ein unabhängiger Staat zu werden. So startete ein Guerilla-Krieg, bei dem über 100.000 Menschen nach Algerien flohen und teilweise heute noch dort in Flüchtlingslagern verharren. Im Jahr 1991 kam es endlich zu einem Waffenstillstandsabkommen und das Land wurde durch eine bewachte Grenzmauer gespalten: Im Westen hat Marokko das Sagen, im Osten die Freiheitsbewegung Polisario. Die Freiheitskämpfer vergleichen diese Grenze teilweise sogar mit der damaligen Berliner Mauer. Die Lage ist extrem angespannt – vor allem in der Grenzregion. Laut Schätzungen befinden sich in diesem Gebiet rund sieben Millionen Landminen, welche immer wieder Menschen töten.
In Flüchtlingslagern auf der östlichen Seite der Westsahara leben seit knapp 40 Jahren tausende Sahrauis. Sie fordern ihr Recht auf Selbstbestimmung und wollen nicht länger unterdrückt werden. Sie sind auf internationale Hilfe angewiesen, denn in der Wüste können sie aufgrund von Dürre und Hitze kaum etwas anbauen und würden so ohne die Unterstützung verhungern. Nun bekommen sie jedoch immer weniger Beistand, da der Konflikt oft vergessen wird und sich die Hilfsorganisationen eher auf gewaltsame Konfliktgebiete wie Syrien konzentrieren. 1) Das Erste, Weltspiegel: Video: Algerien/Westsahara: Der vergessene Konflikt; Video vom 03.07.16
Die Bundesregierung stuft Marokko und die Westsahara als sicheres Herkunftsland ein und das trotz menschenrechtsverachtender Vorkommnisse. Hunderte Menschen, wie beispielsweise Demonstranten, werden willkürlich verhaftet und laut Amnesty International gab es innerhalb des letzten Jahres 175 Fälle von Folter in marokkanischen Gefängnissen. Das Parlament beruft sich nur auf die offiziellen Angaben der marokkanischen Behörden, ohne diese zu überprüfen. 2) Zeit Online: Westsahara: Bundesregierung ignoriert Menschenrechtsverletzungen in Marokko; Artikel vom 19.04.16
Die beiden Länder haben erst im Februar eine neue Vereinbarung getroffen: Marokkanische Staatsbürger ohne Aussicht auf Asyl können schneller zurückgeschickt werden und im Ausgleich hat Deutschland seine Unterstützung im Verfahren der EU gegen die Polisario-Front zugesichert – ein sehr umstrittener Deal.
Zudem bleibt das stark kritisierte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Marokko trotz Anfechtungen weiterhin bestehen. Marokko exportiert unter anderem Produkte aus der Westsahara nach Europa. Das Freihandelsabkommen, welches im Jahr 2012 unterschrieben wurde, hat die Handelswege von Agrargütern und Fischerei-Erzeugnissen in die Europäische Union enorm erleichtert. Die Produkte sind alle mit dem Aufdruck „Made in Marocco“ versehen – auch die Tomaten, Sardinen und Wassermelonen aus der Westsahara. 3) Deutschlandfunk: EU, Marokko und der Westsahara-Konflikt, Handel mit Afrikas letzter Kolonie; Artikel vom 26.09.16
Fußnoten und Quellen:
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