Protektionismus: Entwicklungsländer machtlos – westliche Fischerei-Subventionen fördern Überfischung und Armut
Am 21. Juli stellten sich 90 Staaten hinter eine Initiative des UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development), die Fischerei-Subventionen der Industriestaaten unterbinden soll. Diese Zahlungen belaufen sich weltweit jährlich auf 35 Milliarden US Dollar. Es wird geschätzt, dass davon alleine 20 Milliarden direkt zur globalen Überfischung beitragen. Daher ist es auch kein Wunder, dass sich die unterzeichnenden Staaten zum großen Teil aus Entwicklungs- und Schwellenländern zusammensetzen. Diese sind besonders von den subventionierten Großflotten der Industriestaaten betroffen.1)UNCTAD: UNCTAD14 sees 90 countries sign up to UN roadmap for elimination of harmful fishing subsidies; Artikel vom 21.07.2016
Weltweit sind direkt und indirekt über drei Milliarden Menschen und 200 Millionen Arbeitsplätze von der Fischerei abhängig. 5 Prozent des globalen BIP, circa drei Billionen US Dollar, werden alleine durch den Fischfang generiert. Besonders in Afrika ernährt die immer noch weitverbreitete traditionelle Fischerei Millionen von Menschen. Der durch Subventionen getragene industrialisierte Fischfang schadet jedoch nicht nur diesen kleinen und mittleren Fischern in Afrika und anderen Teilen der Welt, er untergräbt durch seine Ausmaße längst die Voraussetzungen seines eigenen Erfolges. Obwohl die Flotten der Industriestaaten weiter wachsen, ist ein Kilo Fisch zu fangen heute bereits mit dem doppelten Energieaufwand verbunden wie noch in den 1960er Jahren. Daher entfallen alleine 15 Prozent der Subventionen auf den benötigten Schiffsdiesel. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt eine Folge der schwindenden Bestände. Besonders aber die aufwändige und teure Hochseefischerei lässt in ihrer Effizienz schwer zu wünschen übrig. Nur zehn Staaten und Gemeinschaften weltweit ist es überhaupt technisch möglich die Hochseeschwärme auszubeuten. Es ist kein Zufall, dass es auch genau diese zehn Global Player sind, die den Fischfang am höchsten subventionieren. Hierzu gehören neben den führenden Fischfang Nationen wie Japan und Südkorea auch die USA und die EU.2)Deutsche Meeresstiftung: Stoppt Überfischung – Keine Subventionen für Hochseefischerei; nicht mehr verfügbar Dabei schaden die künstlich großgehaltenen Flotten nicht nur den maritimen Beständen, sie sind nicht einmal wirtschaftlich. Die UN schätzt, dass durch 35 Milliarden US Dollar an Fischerei-Subventionen jährlich 50 Milliarden an Verlusten entstehen, die vor allem in den einkommensschwachen Staaten des globalen Südens zu verzeichnen sind. Die Subventionierung der Fischerei hat also ähnliche Auswirkungen wie Agrarsubventionen durch die Europäische Union und die USA: Es werden mit Hilfe protektionistischer Gelder und Vergünstigungen westliche Industrien zulasten derer von Entwicklungsländern gestärkt. Die desaströsen Folgen können vor allem in Westafrika und Somalia beobachtet werden, wo die traditionelle Fischerei zusammenbricht und somit der Küstenbevölkerung ihre Lebensgrundlage entzogen wird. Dies geschieht nicht nur durch Überfischung und das Verschwinden der Schwärme, sondern auch durch künstlich niedrige Preise, die die Fischindustrien der afrikanischen und asiatischen Entwicklungsländer als Konkurrenz ausschalten. In Kombination mit illegaler, nicht regulierter sowie nicht erfasster Fischerei entstehen in diesen Staaten verheerende Folgen für die maritime Wirtschaft.3)World Ocean Review: Illeagal Fishing; Stand 25.07.2016 Die Folgen sind nicht nur grassierende Armut, sondern auch fruchtbarer Nährboden für radikale Organisationen wie beispielweise Boko Haram und Al Shabab in Afrika, denen sich die Menschen aus Wut oder Verzweiflung anschließen. Die daraus entstehenden Konflikte sind mit Ursache für den jetzigen Exodus aus dem afrikanischen Kontinent.
Das verabschiedete Papier soll damit nun Schluss machen. Es enthält vier Kernforderungen. Erstens soll internationale Transparenz über Subventionen geschaffen werden. Ist dies erreicht sollen jene Gelder, die nachweislich zu Überfischung und illegalen Fangmethoden beitragen, verboten werden. Um solchen Subventionen in Zukunft einen rechtlichen Riegel vorzuschieben, sollen entsprechende Zahlungen von vorneherein benannt, erkannt und ihre Einführung unterbunden werden. Ziel dieser Politik soll vor allem die Förderung von Entwicklungsländern sein.4)UNCTAD: UNCTAD14 sees 90 countries sign up to UN roadmap for elimination of harmful fishing subsidies; Artikel vom 21.07.2016
Doch die Durchsetzung des Abkommens wird durch den Kreis seiner Unterzeichner stark eingeschränkt. Zwar sind dies über 90 Staaten, doch befinden sich darunter lediglich drei westliche (Island, Neuseeland und Norwegen), von denen nur Norwegen zu den größten zehn Fischereinationen zählt.5)Deutsche Meeresstiftung: Stoppt Überfischung – Keine Subventionen für Hochseefischerei; nicht mehr verfügbar Es besteht also die begründete Befürchtung, dass die Durchsetzung des Abkommens ähnlich wie seinerzeit das Kyoto-Protokoll an zu geringer Unterstützung seitens der Industriestaaten scheitern könnte. Dabei wäre eine Eindämmung protektionistischer Subventionspolitiken wie in der Fischerei- und Agrarindustrie ein wichtiger Schritt die Volkswirtschaften des globalen Südens zu stärken und somit autark von Hilfsgeldern zu machen.
Fußnoten und Quellen:
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