Das Bombengeschäft mit den völkerrechtswidrigen Waffen
Auch sechs Jahre nach der Oslo-Konvention und damit dem internationalen Bann von Streumunition, leiden viele Länder unter den verheerenden Auswirkungen der Waffe. Trotz internationalem Verbot wurden allein in den letzten vier Jahren die Produzenten von Streumunition weiterhin mit 28 Milliarden Dollar unterstützt. Geld fließt nach wie vor, auch aus deutschen Finanzinstituten.
Streubomben verursachen verheerende Folgen
Sogenannte Streu- oder Cluster-Bomben enthalten dutzende kleinere Bomblets oder Submunition, die nach dem Abwurf verstreut werden. Es handelt sich dabei um eine der am meisten eingesetzten Luftabwurfwaffen, die durch ihr großes räumliches Wirkungsfeld als besonders effizient gilt. Nicht nur wird sie aus der Distanz gegen Bodenziele eingesetzt, auch ist sie kaum kontrollierbar. Kollateralschäden sind bei ihrem Einsatz deshalb unumgänglich. 1)Wikipeida: Streumunition; Stand 16.06.2016 Gefährlich sind die Sprengköpfe aber nicht nur beim Aufprall: fünf bis 40 Prozent der Streubomben explodieren beim Einschlag nicht und bleiben als Blindgänger liegen, manchmal jahrelang, bis jemand drauftritt. 2)Handicap International: Minen, Streubomben und andere Waffen; 04.12.15 Der Organisation Handicap International zufolge haben Streubomben bis heute unzählige Menschen verletzt und etwa 100.000 getötet. 94 Prozent der Opfer sind Zivilisten, mehr als ein Viertel von ihnen Kinder. 3)Handicap Interantional: Streubomben; nicht mehr verfügbar Und selbst wenn die Begegnung mit einem Bomblet nicht tödlich endet, so sind die Wunden oftmals schwer zu behandeln und Betroffene leiden unter dauerhaften Verstümmelungen, oder dem Verlust ganzer Gliedmaßen. 4)Wikipedia: Übereinkommen über Streumunition; Stand 16.06.2016
In den 60ern und 70ern waren vor allem Kambodscha, Laos und Vietnam Ziele der Streumunition, in vielen dieser Länder sterben noch heute Menschen durch den Kontakt mit Blindgängern. In den letzten zehn Jahren wurden die zerstörerischen Waffen im Irak, Libanon, Israel, Georgien, Kambodscha, Libyen, Süd-Sudan, Ukraine, Jemen und in Syrien eingesetzt. 5)Stop Explosive Investments: Cluster bombs have killed and injured thousands of civilians during the last 50 years and continue to do so today; Stand: 16.06.2016 Von weiteren Einsätzen mit Todesfällen aus der Ukraine und aus Syrien berichtete Cluster Munition Monitor im Jahr 2015. Gleichzeitig wurden in mindestens 12 weiteren Ländern Menschen Opfer nicht detonierter Bomblets. 6) Cluster Munition Coalition: Landmine and Cluster Munition Monitor 2015; 03.09.2015 Auch nach Ende der Konflikte behindern die Blindgänger den Wiederaufbau: Landwirtschaft kann lebensbedrohlich sein, Zugänge zu Hilfslieferungen, Elektrizität oder sauberem Wasser blockiert werden, sowie die Rückkehr von Binnenflüchtlinge in ihre Heimatgebiete verhindert werden. 7) Bundeszentrale für politische Bildung: Produktion, Verbreitung und Auswirkung von Landminen und Streumunition; nicht mehr verfügbar
Die Streubomben-Konvention stuft die Waffe als völkerrechtswidrig ein
Auch die internationale Gemeinschaft erkannte die unverhältnismäßig grausamen Auswirkungen der Waffe und einigte sich deshalb auf ein Abkommen: 94 Staaten unterzeichneten 2008 in Oslo das Übereinkommen über Streumunition, besser bekannt als Streubomben- oder Oslo-Konvention. Der Einsatz, Verkauf und die Produktion dieser Waffen ist demnach völkerrechtlich verboten. Auch die Unterstützung von Herstellung und Handel wird untersagt. Deutschland ist einer der 118 Staaten, die das Abkommen unterzeichneten. Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall oder Diehl mussten daraufhin die Produktion einstellen und übrige Modelle zerstören. 8)Die Zeit: Ein Bombengeschäft; 22.03.2012 Nicht unterzeichnet hingegen haben unter anderem die Vereinigten Staaten, China und Südkorea, 9)sowie Russland, Israel, Indien, Pakistan und Brasilien die zu den weltweit wichtigsten Herstellern beziehungsweise Anwendern von Streumunition gehören. 10)Cluster munition coalition: Treaty status; Stand 16.06.2016
Geld fließt weiterhin zu den Produzenten von Streubomben
Traurigerweise werden nach wie vor Investitionen in die Hersteller von Streumunition getätigt. Der im Juni 2016 erschienene Bericht, “Worldwide investments in Cluster Munitions: a shared responsibility” 11)PAX:Worldwide investments in Cluster Munitions: a shared responsibility; Juni 2016 der Nichtregierungsorganisation PAX liefert detaillierte Einsichten dazu. Ihm zufolge handelt es sich um Investitionen in Höhe von über 28 Milliarden US-Dollar in den letzten 4 Jahren. 12)Finanzen.net: Immer noch deutsche Investitionen in die Hersteller von Streumunition: Ein deutsches Gesetz ist überfällig; nicht mehr verfügbar Sieben Unternehmen aus China, Südkorea und den Vereinigten Staaten hätten demnach von den Investitionen profitiert. Geflossen seien die Gelder von insgesamt 158 Finanzinstituten aus vierzehn verschiedenen Ländern. Ein Großteil dieser Unternehmen stamme aus solchen Ländern, die die Streubomben-Konvention nicht unterzeichnet hätten, dennoch wären auch von 20 Institutionen aus Mitgliedsländern Investitionen getätigt worden, darunter Kanada, Frankreich, Japan, Schweiz, UK und Deutschland. 13)PAX:Worldwide investments in Cluster Munitions: a shared responsibility; Juni 2016 Spitzenreiter in Deutschland ist mit 85 Millionen Euro die Allianz, gefolgt von Siemens Financial Services (15 Millionen) und der Deutschen Bank (2 Millionen). 14)Entwicklungspolitik online: Handicap International fordert deutsches Gesetz; 16.06.2016
Ungeklärt bleibt weiterhin die Frage, ob diese Investitionen Form der Unterstützung sind und somit durch das Abkommen von 2008 unzulässlich. Zehn Länder haben diese Frage bereits mit Ja beantwortet und Investitionen in Streubombenhersteller verboten. 15)Belgien, Irland, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, die Niederlande, Neuseeland, Samoa, die Schweiz und zuletzt Spanien 16)Cluster Munition Coalition: Over US$28 billion invested in companies that produce internationally banned cluster bombs; 16.06.2016 In Deutschland sind mehrere parlamentarische Gesetzesinitiativen diesbezüglich gescheitert. 17)Entwicklungspolitik online: Handicap International fordert deutsches Gesetz; 16.06.2016 Die Finanzierung nicht als Verstoß gegen die Streubomben-Konvention aufzufassen, „ ist so, als hätten wir die Todesstrafe abgeschafft, würden aber heimlich im Keller weiter Leute hinrichten«, sagte die SPD-Politikerin Uta Zapf bereits 2012. 18)Die Zeit: Ein Bombengeschäft; 22.03.2012 Auch vier Jahre später hat sich nichts getan. Ein Verbot sei folgerichtig, erklärte eine Sprecherin von Handicap International. Immerhin habe Deutschland mit der Oslo-Konvention Einsatz und Produktion dieser Waffen, aber auch die Unterstützung der Herstellung und des Handels verboten. Es sei an der Zeit, dass auch Deutschland erkenne, dass die Finanzierung von Unternehmen, die diese menschenverachtenden Waffen produzieren, definitiv eine Form der Unterstützung sei. Es müssten deshalb dringend Gesetze zum Investitionsverbot erlassen werden, forderten die Mitglieder der Cluster Munition Coalition (CMC). 19)Entwicklungspolitik online: Handicap International fordert deutsches Gesetz; 16.06.2016