Wirtschaftsembargos stürzen Bevölkerung ins Elend
Der Irak litt 13 Jahre lang unter Sanktionen der USA. Als der Staat durch das Vorhaben, Kuwait zu annektieren, gegen das Völkerrecht verstieß, erhob die USA 1990 ein Wirtschaftsembargo, dass sich gegen den Präsidenten Hussain, auch als „zweiter Hitler“ bezeichnet, richten sollte. Das offenbare Bestreben war, die irakische Bevölkerung kollektiv ins Elend zu treiben, um eine Revolte gegen Saddam zu erzwingen. Die USA machten sich somit bewusst der vorsätzlichen Massentötung schuldig.
Kaum noch Medikamente, medizinische Geräte oder wichtige Chemikalien kamen ins Land. Besonders drastisch war das Fehlen an Chlor für die Trinkwasseraufbereitung. Dieses wurde nicht mehr geliefert, da die Stoffe auch für militärische Zwecke verwendet werden konnten. Nach zehn Jahren Sanktionierung verloren auch die vorhandenen medizinischen Geräte aufgrund von fehlenden Ersatzteilen ihre Funktionsfähigkeit. Aspirin war nur noch auf dem Schwarzmarkt erhältlich und auch Pflaster wurden zur Mangelware. Früher ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, danach eines der schlechtesten weltweit.
Auch die Sterberate verwandelte sich von einer der niedrigsten zu einer der höchsten im internationalen Vergleich. Über eine Million Iraker bezahlten mit ihrem Leben, davon 50 Prozent Kinder. Gleichzeitig griffen die amerikanische und britische Luftwaffe täglich Ziele an, wo tausende Zivilisten in den Tod gerissen wurden. Jeden Monat starben 5.000 Kinder. 90 bis 95 Prozent der Bevölkerung lebten von der Hand in den Mund. 1981 lag die Alphabetisierungsrate bei 95 Prozent, im Jahr 2000 lag sie nur noch bei der Hälfte.
Die damalige amerikanische Außenministerin Madeleine Albright nimmt 1996 folgendermaßen Stellung zum Geschehen: „Wenn wir Gewalt anwenden, dann deswegen, weil wir Amerika sind! Wir sind die unverzichtbare Nation. Wir haben Größe, und wir blicken weiter in die Zukunft!“ Dass diese Art von physischer Gewalt keine blühende, sondern eine triste Zukunft für die Iraker mit sich brachte, schürte den Hass gegenüber dem Westen. Dieser wurde gerechterweise für das Elend verantwortlich gemacht. Im Endeffekt hatte das Wirtschaftsembargo den Zusammenbruch zivilisatorischer Werte und des irakischen Staates zur Folge. 1) Michael Lüders (2015). Wer den Wind sät. Ab S. 47
Im Nachbarstaat, dem Iran, bewirken die Sanktionen eine enorme Schwächung der Mittelklasse. Es kommen nicht mehr genug Medikamente auf den Markt und die asiatischen Ersatzprodukte erzielen nicht die gleiche Wirkung. Zusätzlich haben diese auch noch einige, zuvor unbekannte Nebenwirkungen. Vor allem bei schwer heilbaren Erkrankungen, wie etwa Krebs, führt dies zu vermehrten Todesfällen. Auf dem Schwarzmarkt sind noch westliche Pharmaka zu erwerben, jedoch für den fast vierfachen Preis. Viele haben außerdem nicht die Möglichkeit, die lange Wegstrecke zu den Märkten hinter sich zu legen. Auch die Preise für Grundnahrungsmittel steigen aufgrund der gleichbleibenden Nachfrage und des knapper werdenden Angebots stark an. Bereits von der Armut betroffene Menschen können kaum mehr ihre Existenz sichern.
Eigentlich sind Sanktionen zur Schwächung des Terrors gedacht bzw. des unterdrückenden Regimes gedacht. Jedoch stehen nun Existenzängste im Mittelpunkt und verdrängen andere Themen, wie etwa die Forderung nach einem demokratischen System, aus der Öffentlichkeit. Das Regime wird nicht zum Umdenken gebracht und die Alternative, eine Revolution der Bevölkerung, geht, wenn sie stattfindet, auf jeden Fall blutig aus. Die Bevölkerung ist hier das schwächste Glied und leidet schlussendlich am meisten. Der Sinn des Embargos ist somit weit verfehlt. Die einzige unmittelbare Folge ist eine Verschlechterung der Lage der Bürger. Im Zeitraum von 2012 – 2014 stieg im Iran die Anzahl der Familien in Armut von 22 auf 40 Prozent an. 2) nytimes.com: In Iran, Sanctions hurt the wrong people – nicht mehr verfügbar
Ein weiteres Beispiel für die Schattenseite von Wirtschaftsembargos ist der Sudan. Die USA haben schon vor 23 Jahren Sanktionen gegen das Land verhängt und diese nicht mehr aufgehoben. Das Ziel war guter Natur und sollte die unterdrückende Regierung schwächen – doch wurde diese gegenüber seiner geschwächten Bevölkerung immer mächtiger. Somit wird die Verarmung gefördert und der Zugang zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung entzogen. Eine Petition fordert jetzt ein sofortiges Ende des Embargos. 3) petitions.whitehouse.gov: We Petition the Obama Administration to: Lift Sudan Sanctions, They are Oppressing the Poor and Killing Innocent People – Stand 13.04.2016
Wirtschaftsembargos gelten als angemessenes Mittel, um die Politik in anderen Ländern zu beeinflussen, in die „richtige Richtung“ zu lenken. Meist richten sie sich gegen korrupte, repressive Diktatoren, die Menschenrechte missachten. Die USA, in ihrer Rolle als „Weltpolizei“, sieht es gerne als ihre Aufgabe an, Staatsführer für ihre Verstösse zu sanktionieren. Doch die Einschränkung von Importen beispielsweise beeinflusst die Bevölkerung und nicht das unterdrückende Regime. Die Bürger der Mittel- und Unterschicht haben immer weniger Mittel zur Existenzsicherung, da die Nahrungseinfuhr und Medikamentenversorgung eingeschränkt wird.
Die Schere zwischen Arm und Reich ist im Vergleich zu nicht sanktionierten Ländern um einiges größer. Da die Regierungsführer meist nicht auf dem demokratischen Wege gewählt werden, ist diese Bestrafung für die Bürger besonders unangemessen. Je mehr Staaten an den Sanktionen teilnehmen, umso schlimmer werden die Auswirkungen für die Bevölkerung. Denn folglich veringert sich auch das Handelsvolumen und die Entwicklungshilfe für jene Länder. In diesem Teufelskreis gefangen verarmen die Einwohner der sanktionierten Länder immer mehr. Viele Menschen sehen in einer solch aussichtslosen Lage die Flucht aus der Heimat als die einzige Chance auf ein besseres Leben. 4) epo.de: US-Sanktionen machen Arme in Zielländern noch ärmer – Stand 13.04.2016
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare