Wie der Klimawandel Konflikte befeuert
Bilder von bis auf die Knochen abgemagerten Menschen aus der syrischen Stadt Madaja erschüttern die internationale Öffentlichkeit. Horrormeldungen wie das gezielte Aushungern der zivilen Bevölkerung erreichen uns fast täglich aus dem Land, das sich seit mittlerweile fünf Jahren in einem blutigen Bürgerkrieg befindet. 1) YouTube: Hungerkatastrophe in Madaja – Stand 15.01.2016 Auch in den Jahren 2006 bis 2010 beherrschte der Hunger das Leben vieler Familien in Syrien: Aufgrund einer extremen Dürre verloren hunderttausende Kleinbauern ihren Lebensunterhalt. Eine fehlgeleitete Politik seitens des syrischen Regimes verschärfte das Problem: Bis zu drei Millionen Syrer wurden in extreme Armut getrieben. Dies könnte, zusammen mit anderen Faktoren wie der allgemeinen Unzufriedenheit und der Repression durch das Regime, ein Auslöser für den Konflikt gewesen sein. 2) The Center For Climate And Security: Syria: Climate Change, Drought and Social Unrest – Stand 15.01.2016
Von der schlimmsten Dürre seit Beginn der Messungen in Syrien 3) YouTube: Löst der Klimawandel Kriege aus? – Stand 21.12.2016 waren etwa 60 Prozent des eigentlich sehr fruchtbaren Landes betroffen. Als Resultat gerieten etwa zwei bis drei Millionen Syrer in extreme Armut. Etwa 1,5 Millionen Menschen wanderten in die Städte ab. Diese waren bereits gefährlich überfüllt, da aus Krisengebieten im Irak laufend Flüchtlinge in syrische Städte zogen. 4) The Center For Climate And Security: Syria: Climate Change, Drought and Social Unrest – Stand 15.01.2016 Angesichts dieser Herausforderungen herrschte ein Mangel an Arbeitsplätzen und Wohnraum, dem die Politik kaum nachkam. Das Gesundheitssystem wurde durch ernährungsbedingte Erkrankungen erheblich belastet. Dies alles verschlechterte die Situation für die Bevölkerung und bot Nährboden für soziale Konflikte. 5) CNN: Is the Syrian conflict linked to climate change? – Stand 15.01.2016 Einen entscheidenden Anteil an der Eskalation trug auch eine fehlgeleitete Agrarpolitik seitens des syrischen Regimes: Grundwasservorräte wurden übernutzt, was Syrien noch anfälliger für die sich ausbreitende Dürre machte. Außerdem unterstützte die Regierung die betroffenen Menschen kaum. 6) Frankfurter Rundschau: Erst die Dürre, dann der Bürgerkrieg – Stand 15.01.2016 Wie US-Wissenschaftler in dem Fachblatt PNAS berichten, handelt es sich bei der Dürre wahrscheinlich um eine direkte Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels. 7) PNAS: Climate change in the Fertile Crescent and implications of the recent Syrian drought – Stand 15.01.2016
Die allgemeine Repression durch Beschneidungen der Menschenrechte, systematische Korruption und Politik fernab der Interessen des Volkes durch das syrische Regime führte zu großer Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Unter dem Eindruck der Protestbewegungen des „Arabischen Frühlings“ begannen 2011 erste Demonstrationen. Bei der gewaltsamen Unterdrückung dieser kam es zu massiven Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung, woraufhin der Konflikt schließlich eskalierte. Der Bürgerkrieg forderte bis 2015 mehr als 250.000 Menschenleben und machte etwa 24 Millionen Syrer – fast die Hälfte der Bevölkerung – zu Flüchtlingen. 8) Bundeszentrale für politische Bildung: Syrien – Stand 15.01.2016
Dies zeigt, dass die extreme Dürre sicher nur einen Faktor neben vielen anderen im Ausbruch des Syrien-Kriegs darstellte. Allerdings verschärfte die Dürre und die daraus resultierende prekäre humanitäre Lage die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Mit der anhaltenden Erderwärmung werden ähnliche humanitäre Krisen und damit Konfliktpotenzial öfter auftreten. Instabile Staaten sind von den Folgen des Klimawandels besonders stark betroffen: Einerseits liegen viele Entwicklungsländer in Regionen, in denen sich die Lebensbedingungen durch die Erderwärmung stark verschlechtern, weil beispielsweise extreme Trockenheit herrscht. Andererseits ist in Entwicklungsländern der Anteil der Bevölkerung, der sich durch Subsistenzwirtschaft ernährt, hoch. Dieser Bevölkerungsanteil ist klimabedingten Änderungen der Lebensumstände besonders stark ausgesetzt. Das und die oft fehlende oder mangelhafte Unterstützung durch den Staat macht die Bevölkerung dort besonders verwundbar. 9) Frankfurter Rundschau: Erst die Dürre, dann der Bürgerkrieg – Stand 15.01.2016 10) bits of science: The Syrian drought of 2006-2010 fits in climate trend of lower precipitation and higher temperatures, this graph shows – nicht mehr verfügbar
Da es sich beim Klimawandel um einen Vorgang handelt, der sich überregional abspielt, ergibt sich aus dieser Ursache für Konflikt und Flucht auch eine globale Verantwortung. Gerade die Industrienationen, die weniger oft mit den Folgen der Erderwärmung zu kämpfen haben, sollten sich dieser Verantwortung stellen. Der Hauptteil der seit der Industrialisierung vom Menschen verursachten Treibhausgase geht auf die wohlhabenden Industrienationen zurück. 11) GermanWatch: Wer produziert Treibhausgase? – nicht mehr verfügbar Beispielsweise betrugen 2002 die Kohlendioxidemissionen eines Deutschen etwa das 5-fache derer eines Syrers. 12) Weltbank: Kohlendioxidemissionen pro Kopf – Stand 15.01.2016 Auch wenn Konflikte und Kriege immer vielschichtige Gründe haben, dürfen wir uns unserer globalen Verantwortung nicht entziehen.
Fußnoten und Quellen:
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